Archäologische Spuren von Menschen im Raum Kaldenkirchen
 
Von der Anwesenheit des Menschen gibt es sehr frühe Spuren in der Gemarkung von Kaldenkirchen und deren Umgebung. Doch ist eine Siedlungskontinuität erst ab dem Mittelalter zu erkennen. Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich nicht als erster Abschnitt einer "Geschichte Kaldenkirchens", sondern eben nur als Hinweis auf die frühe Anwesenheit von Menschen in der späteren Kaldenkirchener Gemarkung. Gudrun LOEWE hat 1971 die beachtliche Funddichte der vor- und frühgeschichtlichen Perioden im Grenzwald systematisch erfasst und berichtet: "auf der Hauptterrasse im Kaldenkirchener Wald hat ein schweifender Großwildjäger des Mittelpaläolithiums wahrscheinlich schon vor mehr als 100000 Jahren einen Feuersteinschaber und ein Bruchstück zurückgelassen, vielleicht bei einer Rast mit seinen Gefährten an dem kleinen Wasserlauf, der aus dem Galgenvenn abfloss. Der Fund bezeugt die Anwesenheit von Menschen in so früher Zeit. Hier wie auch bei einigen Kleingerätefunden des Mesolithikums (etwa des 5. oder 4. vorchristlichen Jahrtausends) kann von Besiedlung noch nicht die Rede sein, denn die Menschen ließen sich beim Jagen, Fischen und Sammeln von Wurzeln und Wildfrüchten von der Aussicht auf Beute leiten, ohne sich an feste Wohnplätze zu binden". LOEWE fand in keinem anderen Ort des damaligen Kreises Kempen-Krefeld eine solche jungsteinzeitliche archäologische Funddichte wie in der Kaldenkirchener Gemarkung vor. Das gilt insbesondere für die Steinzeit und die Eisenzeit. Die meisten vorgeschichtlichen Funde gab es im Westen und Südwesten der späteren Siedlung Kaldenkirchen (Gebiet des Grenzwaldes). Hier wurden Artefakte (Ravensheide) und ein Schaber aus der älteren Steinzeit gefunden. Folgende Funde sind aus der mittleren und jüngeren Steinzeit: Becher, Becherscherben, verschiedene Gefäße, Spitzklingen, eine Schleifwanne, Steinbeile, Feuersteinbeile, Klingen und Klingenabschläge, Schaber, Pfeilspitzen und vieles andere. Einige Funde östlich der Kreuzmönchstraße lassen auf eine Siedlung (Rössener Kultur) schließen. in der Ravensheide östlich Grenzstein 440 wies das leicht wellige Terrassengelände auf 100 mal 75 Meter Siedlungsreste auf. Weitere Siedlungsplätze fand man in der Ravensheide östlich des Grenzsteins 444, südwestlich von Kaldenkirchen, westlich der Industriebahn, südlich vom Zollhaus Heidenend, südlich und südwestlich von Heidenend. Nur wenige Funde konnten der Bronzezeit zugewiesen werden, demgegenüber ist die Eisenzeit wiederum reich belegt. 1953 und 1954 wurden westlich der Ziegelei Teeuwen zwei Urnen gefunden. Weitere steinzeitliche Funde sind unter anderen Hallstattscherben, Randscherben von Töpfen, die Randscherbe eines La Tène-Gefäßes, zerstörte Brandgräber und Siedlungsreste nordöstlich des Galgenvenns, ein zerstörtes Brandgrab südlich der Knorrstraße und Siedlungsfunde südwestlich vom Galgenvenn. Willi und Hans FAAHSEN zeigten bereits 1958 Abbildungen archäologischer Funde, u.a. eine Hallstatturne mit Beigefäß aus der Ravensheide. Trotz neuerer Forschungen blieben die Beobachtungen von Willi und Hans FAAHSEN wertvoll, was auch für ihre Erkenntnisse über den Verlauf der römischen Heerbahn im Grenzwald gilt. Gudrun LOEWE auch die Römerzeit mit ihrer breiten Palette archäologischer Funde im Gebiet der späteren Gemarkung Kaldenkirchen minuziös verzeichnet. Bei Ausbesserungsarbeiten an der Knorrstraße stieß man 1928 auf ein oder zwei römische Gräber mit Beigaben aus der Zeit zwischen der Mitte des 1. und dem 3. Jahrhundert. Am Rande eines Weges nordwestlich vom Galgenvenn wurde eine Bronze-Scharnierfibel und einige römische Siedlungsscherben gefunden. Auch südlich und südöstlich des Werksgeländes der Ziegelei Teeuwen sind reiche Siedlungsfunde zu verzeichnen. Beim Bau der Ziegelei Teeuwen, die in der Flucht der Römerstraße Xanten-Tüddern lag, wurden einige Römische Gefäße entdeckt. Darunter ist auch ein Ziegelbruchstück der römischen Legion XXX, die unter Kaiser Hadrian an den Rhein nach Xanten kam. Der nur bruchstückhaft erhaltene Stempel weist das Stück als aus der Zeit zwischen 117 und 196 nach Christus stammend aus. Nördlich des Galgenvenns gab es sehr ergiebige römische Siedlungsfunde auf einer Fläche von mindestens 200 mal 150 Meter. Wenn auch nur als Bruchstücke wurden dort Teller, Schüsseln, Becher und Kochtöpfe entdeckt. Auch südlich der Buschstraße und in der Ravensheide fanden sich Siedlungsscherben. Die vorliegenden Erkenntnisse fasste LOEWE 1971 so zusammen: "Nach Beobachtungen der Brüder Faaßen, Kaldenkirchen, zieht die vom Prinzendyk herkommende Römerstraße Tüddern-Xanten schnurgerade weiter in nordöstl. Richtung durch den Kaldenkirchener Wald, auf kurze Strecken als Kiesstreifen kenntlich, gelegentlich auch durch seitliche Materialgruben bezeichnet, bis zum Galgenvenn. wo sie 1961 geschnitten wurde. Hier macht sie einen schwachen Knick und führt nun in Richtung NNO wiederum schnurgerade durch den Wald und das Rodungsgelände, durch den Südostzipfel der Ziegelei Teeuwen. Weiterhin ist sie nicht mehr kenntlich, wird von der Landstraße nach Venlo und der Eisenbahn überschritten und tritt bei dem Hof Kleinenbrand in der Gemarkung Leuth wieder in Erscheinung". Die das Gebiet der späteren Gemarkung von Kaldenkirchen streifende Straße würdigte HORN wie folgt: "Die Straße, die von Xanten über Maastricht und Tongeren nach Bavai und von dort weiter an die Kanalküste bzw. ins Innere Galliens führte, war eine der wenigen N-S-Verbindungen im Hinterland der niedergermanischen Provinz und somit von großer verkehrstechnischer, volkswirtschaftlicher und wohl auch militärischer Bedeutung". Das römische Sablones "bei Kaldenkirchen" lokalisiert HORN auf einer Karte der "wichtigsten Straßenverbindungen in Niedergermanien". Nun ist noch eine Reihe römischer Münzfunde in der Gemarkung von Kaldenkirchen zu erwähnen. Vier Denare der Römischen Republik, ein Denar des Septimius Severus (l93-2l1 n. Chr.) und ein Antoninianus des Valerianus d. Ä. und Gallienus (253-259). Bei der 1896 entdeckten Münze des Antonius Pius am Rande der alten Festung (Stadtmauer) ist der Verbleib unbekannt.