Zu Alter und Namen Kaldenkirchens
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Erstmals im frühen 13. Jahrhundert erscheint der Name Kaldenkirchens in den erhaltenen Schriftquellen. Als Graf Otto I. von Geldern 1206 in Löwen anlässlich der Eheschließung seines Sohnes Gerhard mit Margaretha von Brabant die Hochzeitsgabe festlegte, bestimmte er dazu sein Land von Oberkaldenkirchen: terrarn suam a Caldekirken superius. Eine Abschrift der Urkunde mit der erstmaligen Nennung der späteren Stadt Kaldenkirchen ist im "Algemeen Rijksarchief" in Brüssel erhalten. Eine erneute schriftliche Erwähnung Kaldenkirchens findet sich im Jahre 1230, als Ritter Reiner von Tygele ein Gut, Urlake genannt, bei Kaldenkirchen - iuxta vllam kaldenkyrche - an die Klöster Kamp und Ophoven verschenkte. Auf das Jahr 1291 ist die dritte Erwähnung Kaldenkirchens datiert, diesmal der Pfarre (parochia ... de Kaldenkirken). Am 18. August verkaufte Abt Giselbert von Kamp Güter in Bracht, Kaldenkirchen, Lobberich und Breyell an das Kloster Grafenthal. Undatiert wird in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Gladbacher Nekrolog, ein Hermann, Priester von Kaldenkirchen genannt. Angeblich fand in einer nicht erhaltenen Urkunde die vermeintliche erste Nennung der Kirche Kaldenkirchens im Jahre 1272 statt. Doch ist man den Nachweis dieser Urkunde bis heute schuldig geblieben. Das ist der ganze spärliche archivarische Befund zu Kaldenkirchens Frühgeschichte im 13. Jahrhundert. Damit ist die Frage nach dem tatsächlichen Alter Kaldenkirchens keineswegs beantwortet. |
In der "Jahresschau Kaldenkirchen 1923-1927" erklärt Ferdinand NOTHEN in seinem Beitrag zum Siedlungsbeginn und Siedlungsverlauf Kaldenkirchens: "Die Siedlungen wurden angelegt bei Quell- und fließendem Wasser. Wo dieses aber, wie in Kaldenkirchen, fehlte, grub man ein Sammelbecken für das Regenwasser. Brunnen von 15 Meter Tiefe zu bauen, verstand man damals hierzulande noch nicht. Dieses Becken lag in Kaldenkirchen im jetzigen Hock, wo durch die Kuh-, Mühlen- und Fährstraße das Wasser vom oberen Kaldenkirchen zusammenfloss. Auf dem Stadtplane vom Jahre 1793 heißt diese Straße Pütkoul, das ist Brunnenkuhle. Eine derartige Kuhle gab es vor 100 Jahren auch am Genend und am Höffchen. Vielleicht ist Pastorweiher eine solche Pütkoul für das Königsbruch gewesen. Die Uranlage von Kaldenkirchen war also im jetzigen Hock. Als die fränkische Bevölkerung das Christentum annahm, baute sie nach altchristlicher Sitte auf dem höchsten Punkt bei dem Orte ihr Gotteshaus. Wann ist dies geschehen? Die Frage beantwortet der Reichsarchivrat Dr. Schäfer in Potsdam also: ,Kaldenkirchen ist eine fränkische Ortschaft. Die rein fränkischen Ortschaften auf ,-kirchen' gehören zu den ältesten Siedlungen der vorkarolingischen Zeit. Gleichfalls weist auf diese frühe Zeit das Kirchenpatrozinium des hl. Klemens. Kaldenkirchen, als Urpfarrei, hatte ursprünglich einen sehr großen Sprengel'. Hiernach dürfte man die Gründung der Christengemeinde in Kaldenkirchen ansetzen in die Zeit um 500". Forschungsgeschichtlich ist die Erklärung von NOTHEN sehr interessant aber nur bedingt verwendbar. |
Die Bedeutung des Namens Kaldenkirchen versucht Karl L. MACKES wie folgt zu erklären: "Kalt ist hier keine Temperaturangabe. sondern wird in übertragenem Sinne gebraucht, ohne dass wir genau feststellen können. was mit dem Zusatz ,kalt' gemeint ist. Einige Sprachforscher nehmen an, dass die Kirche zur Zeit der Namensentstehung kalt und unfreundlich wirkte, weil sie nicht fertiggestellt war und noch nicht benutzt werden konnte. Ortsnamen mit dem Grundwort -kirchen treten bereits im 8.-9. Jahrhundert auf. Wir unterscheiden 2 Namengruppen. Die ältere ist mit dem Personennamen (z.B. Odenkirchen), die jüngere mit dem Adjektiv (z.B. kalt-, alt-, neu-) zusammengesetzt. Es gibt mehrere Orte, deren Namen aus ,zur kalten Kirche' entstanden sind: Koudekerke bei Dünkirchen in Belgien, 1115 Caldekerchen; Koudekerke bei Middelburg in der niederländischen Provinz Seeland; Kaltenkirchen in Holstein, 1316 tho der kolden kerken". |
Es folgen einige beispiele von Namensvarianten Kaldenkirchens:
1230 Kaldenkyrche, 1291 Kaldenkirken, 1326 Caudeke(i)rke, 1328 Kadenkirken, 1343 Kaldenkirchen, 1348 Caudenkerken, Cadenkerken, 1350 Caldenkirchin, ca. 1350 Cadekerke, 1373 Caldekercken, 1378 Caudenkerken, 1392 Kaenkerke, 1398 Kaldenkerchen, 1400 Caudenkercken, 1409 Caldekircken, 1412 Kaldenkyrcken und Kaldenkyrken, 1414 Kaldekerken, 1415 und 1417 Kaldekirken, 1423 Caudekirchen und Caldekircken, 1439 Kadekirken, 1463 Kaldenkirchen, 1473/74 Kalderkerchen, 1496 Kaldenkyrgen, 1414 und 1418 Kaldekirker, 1505 Kaldenkircher, 1596 Kaldenkirchenses. |
Als Familiennamen "von Kaldenkerken" kommt der Name Kaldenkirchens schon sehr früh und bis heute vor. 1356 war Anechinus (Johann) de Caldekirchen Bannerherr eines Fähnleins im Dienst des Kirchenstaates. Auch der Name des 1348 erwähnten Petrus de Colcher(h), Bannerherr über 20 Pferde in der Toskana wurde als "Kaldenkirchen" gedeutet. Der zu den Antwerpenhändlern (Messinghändler) gehörende Kölner Bürger Lenart van Kaldenkirchen wird von 1434 bis 1469 genannt. Auch Wilhelm Kaldenkirchen war 1447 Kölner Bürger. Die Kölner Universitätsmatrikel enthält 1515 und 1519 einen Eintrag mit den Namen Nic. Caldenkyrchen und Petr. Kaldenkirchen. 1533 nahm der Kölner Einwohner und Kleriker der Diözese Lüttich Dietrich van Kaldenkirchen ein Notariatsinstrument auf. 1564 wird in einer Venloer Quelle Peter van Kaldenkirchen und seine Frau Tryn genannt. 1600 gab es in Wassenberg den Bürger Johann von Kaldekyrchen. In Tegelen hieß der Gerichtsbote 1623/24 Heinken von Caldenkirchen. 1627 wird in Venloer Quellen ein Henrich van Caldekercken erwähnt. Ein Heinrich a Kaldenkirch aus Werne studierte 1639 in Köln. 1654 studierte in Köln ein Heinrich Kaldenkirchen aus Aachen. 1656 spendete ein Henricus van Kaldekercken den Süchtelner Reformierten Geld für den Bau einer Kirche. Den Bürger Albert Kaldenkirchen gab es 1664 und in Heinsberg vor 1691 den reformierten Leonhard Kaldenkirchen. 1784 wird in einer Quelle des Venloer Annunciatenklosters die Nonne Margaretha van Kaldenkercken erwähnt. In einem Dokument der Venloer Akkermansgilde taucht 1808 der Name Martines van Kaldekercke auf. |
Eine Siedlung Kaldenkirchen in vorkarolingischer Zeit wird ausgeschlossen. Wann in eher nachkarolingischer Zeit Kaldenkirchen entstand ist ungewiss. |
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